Fanmärsche, Choreografie, Spruchbänder & ein Kult um mobile Toiletten
29.163 Fans im ausverkauften Millerntor sahen gestern einen 1:0 Heimsieg des FC St. Pauli gegen den FC Hansa Rostock. Im Vorfeld des brisanten Duells entschied sich der FC St. Pauli die eigentlichen sanitären im Gästeblock zu schließen und den Gästefans aus Rostock stattdessen mobile Toiletten zur Verfügung zu stellen.
Der Verein reagierte damit auf Sachbeschädigungen beim letzten Gastspiel des FC Hansa am Millerntor. Die Firma, die die mobilen Toiletten im Gästebereich aufstellte, gab vorm Spiel bekannt, dass pro unbeschädigter mobiler Toilette 100 Euro an den Nachwuchs des FC Hansa Rostock gespendet werden sollen. In einer Pressemitteilung mit viel Patos hieß es von dem Unternehmen: „Wir sind uns bewusst, dass bei manchen Fußballveranstaltungen Toiletten leider oft zum Ziel von Zerstörungswut werden. Doch heute wollen wir gemeinsam ein Zeichen setzen. Für jede OD TOILETTE, die nach dem Spiel unbeschädigt bleibt, werden wir 100 EUR an den Nachwuchs des F. C. Hansa Rostock spenden. Das bedeutet, dass bis zu 4.000 EUR für eine Zukunft voller Möglichkeiten gespendet werden können - eine Zukunft, die von der Unterstützung unserer Gemeinschaft geprägt ist. Wir laden alle Fans ein, Teil dieser Bewegung zu sein. Lasst uns gemeinsam eine Zukunft gestalten, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist. Denn in diesen kleinen Momenten der Solidarität liegt die wahre Größe unserer Menschlichkeit. Lasst uns die OD TOILETTEN heile lassen. Unsere Botschaft ist einfach, aber kraftvoll: Jede nach dem heutigen Spiel intakte OD TOILETTE ist ein Akt der Verbundenheit, ein Beweis dafür, dass wir gemeinsam Großes erreichen können, wenn wir füreinander einstehen. Denn in einer Welt, die oft auch von Negativität und Zerstörung geprägt ist, sind es die kleinen Gesten der Freundlichkeit, die den Unterschied machen.“ Vor Anpfiff lief im Millerntor passend dazu ein Song von Tommy Molotow, in dem es u.a. hieß „Für Hansa-Fans nur Dixi-Klo“, was von den FC St. Pauli-Fans entsprechend gefeiert wurde:
Am Freitagnachmittag entgleiste am Hauptbahnhof in Hamburg ein Bauzug, was zu einer zwischenzeitlichen Sperrung des Bahnverkehrs führte. Dieser Vorfall sorgte bei mit der Bahn anreisenden Hansa-Fans teilweise für Verspätungen.
FC St. Pauli-Fans versammelten sich am Großneumarkt und gingen den etwa einen Kilometer bis zum Millerntor. Die Polizei schätzt, dass sich daran rund 350 Fans beteiligten. Etwa 200 FC Hansa Rostock-Fans trafen sich hingegen am Alten Elbtunnel und gingen von dort zu Fuß zum Gästeblock des Millerntors.
In der dortigen Südkurve leitete Ultrà Sankt Pauli das Zweitligaduell mit einer mehrteiligen Choreografie im Unterrang ein. Zuerst wurden Zettel hochgehalten, die eine kahle Wand symbolisierten. Anschließend kam eine Figur zum Vorschein die mit einer Farbrolle ein Balkenmuster in den Unterrang pinselte. Das Balkenmuster wurde dabei durch eine Blockfahne dargestellt. Anschließend kamen die Buchstaben „FCSP“ zum Vorschein und weiße Papierrollen rundeten das Gesamtbild ab. Außerdem wurde in der Südkurve mehrfach Pyrotechnik gezündet.
Ultrà Sankt Pauli zeigte am Freitagabend noch ein Spruchband in Richtung der Fanszene von Hansa Rostock, auf dem „Eure krampfhafte Stumpfheit ist nicht krass - Sie macht euch zu Feinden der Bewegung“ geschrieben stand. „Dixis im Gästeblock? Feiertag für die Fäkalien-Fetischisten!“, war auf einem weiteren Plakat von Ultrà Sankt Pauli zu lesen. Die Buchstaben „FCH“ waren dabei hervorgehoben. Im Gästeblock kam zudem ein „D. Behrens' einzige Lebensleistung: Sich nicht vermehrt zu haben!“-Plakat zum Vorschein. Dieses richtete sich an die Innenministerin von Niedersachsen, die sich zuletzt für Niedersachsenderbys ohne Gästefans stark machte.
Der FC St. Pauli gewann das gestrige Heimspiel gegen Rostock durch ein Tor von Irvine in der 52. Spielminute mit 1:0 und bleibt damit weiter auf Kurs in Richtung Aufstieg und kann nächste Woche beim Derby im Volksparkstadion beim Derby gegen den HSV endgültig aufsteigen. Für den FC Hansa Rostock vergrößern sich durch die Niederlage am Millerntor die Abstiegssorgen.
Im Nachgang des Spiels will die Polizei noch einen Angriff von FC St. Pauli-Fans auf abreisende FC Hansa-Fans am Heiligengeistfeld verhindert haben. Demnach hätten sich 300 FC St. Pauli-Fans versammelt, als die etwa 200 Hansa-Fans zu Fuß zurück in Richtung Alter Elbtunnel marschierten. Die Polizei trennte beide Fanlager jedoch. Insgesamt waren 1.700 Einsatzkräfte am Spieltag beteiligt. (Faszination Fankurve, 27.04.2024)